Lean Management-Methoden wirken den Materialengpässen effizient entgegen
Lean Management, Baubranche, Training++Baustellenbericht aus dem Wohnungsbau+++
Auf allen Baustellen verschärft fehlendes Material die Termin- und Kostensituation in bisher ungekanntem Ausmaß. Der Ukraine-Krieg und die damit verbundene Materialkrise machen es immer wichtiger, die Baustellenorganisation auf Effizienz hin neu auszurichten.
Hierfür eignen sich die Methoden des Lean Managements – allen voran das Last Planner® System. Kooperatives bzw. kollaboratives Arbeiten führt zu aufeinander abgestimmten Prozessen, weniger Nachträgen, deutlicher Entlastung der Bauleiter und höherer Arbeitszufriedenheit im Team. Kurz gesagt zu Bauprojekten, die mit weniger Kosten schneller fertig werden.
Im Folgenden soll anhand eines praktischen Beispiels greifbar gemacht werden, wie die Umstellung der Baustellenorganisation von klassischem Projektmanagement hin zu einer Bauproduktion mit dem Last Planner® System verlaufen kann und welcher Nutzen sich dabei ergibt. Aktuell berät die ifA-Bau Consult ein Bauunternehmen auf einer Baustelle im Wohnungsbau in Darmstadt. Das Besondere an dieser Baustelle ist, dass gleichzeitig ein Bestandsbau saniert, um eine Etage aufgestockt und mit einem Neubau, der an das Bestandsgebäude angebaut wird, erweitert werden soll. Die Mieter*innen in den Wohnungen im Bestandsgebäude müssen für die Zeit der Sanierung ausquartiert werden, wobei dieser Zeitraum nicht nur aus Kostengründen, sondern auch zur Minimierung der Belastung für die Mieter*innen, so kurz wie möglich gehalten werden soll. Diese Ausgangssituation verbunden mit den Materialengpässen hat das Bauunternehmen dazu veranlasst, für die Baustellenorganisation den Einsatz des Last Planner® Systems in Erwägung zu ziehen.
Unser Beratungsprojekt gliederte sich in folgende Teilschritte:
- In einer Schulung mit einer Projektmanagement-Simulation erlebt das Management des interessierten Bauunternehmens den praktischen Unterschied zwischen klassischem und Last Planner®-Projektmanagement. Die Übertragbarkeit auf die eigene Abläufe wird reflektiert. In der Regel folgt auf diesen Schritt, wie auch hier die Beauftragung für eine Pilotprojekt.
- Bevor das Pilotprojekt startet, legen die Consultants der ifA-Bau Consult mit dem Management des Kunden fest, wie der Wissenstransfer im Projekt erfolgen soll. Dies ist zentral, damit nach dem Pilotprojekt alle weiteren Projekte aus den eigenen Reihen heraus gesteuert werden können.
- Die praktische Arbeit im Pilotprojekt beginnt anschließend mit einer Gesamtprozessanalyse (GPA). Mit deren Hilfe wird die Komplexität des Bauprojekts heruntergebrochen, die Baustrategie sowie Taktzonen festgelegt und Vorbereitungen für Vergaben mit dem Einkauf vorgenommen.
- Nach der Festlegung bzgl. einzubindender Nachunternehmer*innen werden aus deren Reihen die Polier*innen bzw. die „letzten Planer*innen vor der Ausführung“ in der Last Planner® Systematik geschult. So erhalten auch sie das notwendige Know-How für das Baustellenmanagement, und ein Team wird geformt, in dem kollaboratives Arbeiten die Grundhaltung aller Beteiligten ausmacht.
- Mit der sich daran anschließenden Meilenstein- und Pull-Planung wird für mehrere Monate im Voraus gemeinsam festgelegt, wie die Gewerke ineinandergreifen und wie die Übergaben erfolgen sollen.
- Ab dann wird in regelmäßig stattfindenden Vorschau- und Wochenplanungen die tagesgenaue Planung vorgenommen. Die gröbere Meilenstein- und Pull-Planung wird in diesem Zuge immer weiter detailliert, je näher die Ausführung der Aufgaben heranrückt. So wird deutlich, wer in den kommenden 6 Wochen wo arbeiten wird.
Das Besondere an diesem Vorgehen ist die Befähigung und Ermutigung aller Beteiligten, sich verantwortlich einzubringen. Die Beteiligten lernen voneinander und verstehen ihren Beitrag für den Gesamtprozess besser. Dadurch wird der/die Bauleiter*in entlastet, und Störungen und Abweichungen werden früh erkannt, so dass gegengesteuert werden kann.
Im spezifischen Kontext unseres Praxisbeispiels hat das dazu geführt, dass in Schritt 3 (GPA) die ursprüngliche Baustrategie (zuerst Sanierung, dann Neubau) verworfen und eine neue (zuerst Neubau, dann Sanierung) vereinbart wurde. Dies hatte zum Vorteil, dass während des Neubaus Lernerfahrungen gesammelt werden konnten, während die Mieter*innen noch in ihren Wohnungen waren. Die Sanierungsphase konnte dadurch anschließend auf einen sehr kurzen Zeitraum begrenzt werden.
In Pilotprojekten fördern die ifA-Consultants diesen Prozess der kollaborativen Planung aktiv. Dabei haben sie immer im Blick, eine*n Mitarbeiter*in aus dem Kundenunternehmen in diese Moderatorenrolle miteinzubeziehen. So ist sichergestellt, dass vergleichbare Projekt in Zukunft auch mit eigenen Ressourcen im Unternehmen gesteuert werden können. Neben dem Coaching im laufenden Prozess können diese Lean-Coaches bzw -Moderator*innen ihre Kompetenzen für die neue Rolle optional in einem Moderatoren-Training ausbauen.
Der o.g. Kunde mit dem Projekt im Wohnungsbau hat für die langfristige Verankerung der Lean-Methodik eine neue Mitarbeiterin eingestellt, die die Rolle der Lean-Moderatorin bzw. des Lean-Coaches übernimmt. Zum Abschluss des Projektes werden wir noch einmal auf sie zukommen und sie mit ihren Erfahrungen aus dem Projekt persönlich in einem Blogartikel zu Wort kommen lassen.